Vor vier Jahren gründete der 26-jährige Felix Bauer gemeinsam mit seinem Geschäftspartner und Cousin Johannes Kliesch das Socken-Business SNOCKS. Dafür hängten sie sogar ihre bevorstehenden Bankkarrieren an den Nagel. Die Firma rund um Sneaker-Socken ist mittlerweile ein echter Begriff in der Sneaker-Welt und beschäftigt 20 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
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Im heutigen Podcast erzählt uns Felix, wie aus einem Nischenprodukt eine Erfolgsgeschichte wurde, warum es dafür eine gehörige Portion Naivität brauchte, wie Amazon als Vertriebskanal den Startschuss gab und warum Socken und Kaffee bald zusammengehören werden. Viel Spaß beim Beitrag und der neuen Folge unseres Shopify Podcasts!
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Show Notes
Keine Lust auf Bankkarriere – der Weg zu den Socken
Manuel Fritsch: SNOCKS - da steckt ja schon der Name drin. Was macht ihr denn genau?
Felix Bauer: Der Name setzt sich zusammen aus "Socken" und "Sneaker" und dementsprechend verkaufen wir Sneaker-Socken. Mittlerweile auch ein bisschen mehr, mittlerweile sind wir in den Basic-Bekleidungsbereich gerutscht, mit Unterhemden und Boxershorts und Socken. Aber ursprünglich waren es diese tief ausgeschnittenen Socken für Sneaker.
Damit begann die Erfolgsgeschichte: Socken, die man in Sneakern nicht sieht
Manuel: Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
Felix: Gute Frage. Es war nicht so, dass wir ein Faible für Socken hatten oder unbedingt was im Thema Textil machen wollten. Es war eher so, wir haben beide ein duales Studium gemacht bei der Volksbank in Mannheim. Ich bin im Januar 2016 von meinem Auslandssemester aus Hongkong zurückgekommen und war dann in einer ganz kleinen Bankfiliale und hab da ganz langweiliges Geschäft gemacht. Also dem Kunden Überweisungsträger ausgefüllt und hab dann gedacht, das kann es nicht sein. Ich war so euphorisiert von meinem Auslandssemester, habe da viele tolle Menschen kennengelernt und mir gedacht, irgendwie muss ich es schaffen, ortsunabhängig Geld zu verdienen, nicht an die Bankfiliale gebunden zu sein, jeden Tag einen Anzug anziehen zu müssen. Ich habe mich auf die Suche nach Geschäftsmodellen gemacht, wie ich im Internet mit meinem Laptop Geld verdienen kann. Dabei habe ich dieses typische digitale Nomadenleben angestrebt und bin auf dem Weg dann auf das Geschäftsmodell Amazon FBA gestoßen.
Manuel: Magst du das kurz erklären wofür FBA steht?
Felix: FBA steht für Fulfillment by Amazon. Die Idee dahinter ist, dass man sich hauptsächlich auf den Vertrieb auf der Plattform Amazon konzentriert. Man hat einen Lieferanten, der die Produkte produziert und man guckt, dass die Sachen in das Fulfillment von Amazon kommen. Wenn man das gut managt, muss man die Produkte gar nicht zwischenlagern, sondern die gehen vom Produzenten ins Amazon-Lager und man hat damit wenig zu tun und kann deshalb von überall diese Tätigkeit ausüben und sich um seine Sales auf Amazon kümmern.
Manuel: Hattest du da schon eine spezielle Nische für dich entdeckt zu dem Zeitpunkt?
Felix: Nein, ich habe dann erst einmal auf YouTube geguckt, wie das Ganze funktioniert und selbst noch nichts verkauft. In der Zeit habe ich Johannes beim Feiern hier in Mannheim getroffen. Wir hatten zu der Zeit gar nicht so viel Kontakt miteinander. Er war in dem Studium ein Jahr über mir und hat gesagt, er hört auf bei der Bank. Er macht seinen eigenen Onlineshop und verkauft T-Shirts. Da habe ich gesagt, "Hör zu, das klingt spannend. Aber ich glaube, du solltest das über Amazon verkaufen!" Dann haben wir uns eine Woche, nachdem wir uns beim Feiern getroffen haben, zusammengesetzt, ich habe ihm erklärt, was Amazon FBA ist, er war total begeistert und dann haben wir gesagt, "Lass es uns einfach mal zusammen probieren". Dann sind wir auf die Produktsuche gegangen.
Johannes war damals Sneaker-Reseller. Er hat Sneaker gekauft und dann wieder verkauft. Er war also in diesem Sneaker-Game drin. Beim Einkaufen im Snipes in Mannheim wollte er sich ein Paar Socken für seine neuen Sneaker kaufen und hat dann gemerkt, dass sie unheimlich teuer waren oder nicht richtig gepasst haben. Er wollte dann welche auf Amazon kaufen und hat da auch nichts gefunden. Er hat mich angerufen und gemeint, "Du Felix, ich glaube, wir sollten Socken verkaufen." Dann habe ich ganz naiv auf Alibaba 2.000 Paar Socken bestellt, und so ist das Ganze erst losgegangen.
Johannes und Felix - die jungen Gründer von SNOCKS
Manuel: Aber witzig, dass ihr nicht angefangen habt, Schuhe zu verkaufen, sondern überlegt habt, was braucht man noch?
Felix: Ja wir sind wirklich ganz banal aus wirtschaftlicher Sicht rangegangen. Was ist leicht, klein, wo könnten die Transportkosten niedrig sein? Was ist leicht zu produzieren? Was ist kein kompliziertes Produkt? Und dann war dieser Moment, wo Johannes im Snipes stand und das war für uns die Erleuchtung.
Das Witzige war auch damals, wir hatten gar keine Ahnung von der Konkurrenz und der Nachfrage in dieser Nische auf Amazon. Wir haben einfach Socken bestellt, bevor wir eine Firma gegründet haben und dann versucht, die zu verkaufen.
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Der naive Start und die ersten Hürden
Manuel: Euer Bauchgefühl war anscheinend richtig. Habt ihr die Socken gut losbekommen?
Felix: Unser Bauchgefühl war richtig. Das erste Produkt war direkt ein Treffer. Das hat sich richtig gut verkauft. Aber bevor wir die an den Verkauf bekommen haben, hatten wir noch ein paar Probleme. Wie gesagt, wir haben die Socken bestellt und hatten noch keine Firma gegründet und dementsprechend auch keine Umsatzsteuernummer. Für den Import braucht man auch eine EORI-Nummer. Davon hatten wir keine Ahnung. Dann sind die Waren in Frankfurt angekommen, am Flughafen, wir haben eine Nachricht vom Zoll bekommen, sind hingefahren und haben uns mit breiter Brust vor den Zoll gestellt und gesagt, "Wir würden gern unsere Socken abholen!". Die haben dann gesagt, "Ja Jungs, wo sind denn eure Unterlagen? Wir bräuchten ein paar Sachen von euch." Wir hatten vom Tuten und Blasen keine Ahnung. Es hat dann erst einmal einen Monat gedauert, bis wir die Sachen vom Zoll bekommen haben. Dann sind unsere Socken am 6. August 2016 online gegangen. Das ist ja ein totales Sommerprodukt. Wir hatten bis Ende September richtig gute Verkäufe. Da hatten wir im zweiten Monat schon fast 10.000 Euro Umsatz, was zu damaligen Zeiten für uns gigantisch war. Und dann ist das Ganze ab Oktober ziemlich abrupt wieder eingebrochen, weil dann der Herbst kam, wo niemand mehr kurze Socken trägt.
Manuel: Was war dann die Schlussfolgerung?
Felix: Für uns war total klar: Das funktioniert! Wir haben dann, als wir die Zahlen gesehen haben, wirklich gedacht, daraus können wir ein größeres Geschäft aufziehen. Und dann haben wir beschlossen, im November 2016 zur Bank zu gehen und haben da mal angeklopft, wie es denn aussieht mit einem Kredit. Dann haben wir 50.000 Euro von der Bank bekommen und damit haben wir mehr Socken eingekauft. Wir hatten dann das nächste Produkt, das waren höhere Socken, so bis zum Knöchel. Dann hatten wir noch Tennissocken, die dann natürlich im Winter ein bisschen besser gingen. Dann kam der Frühling, da sind dann die knöchelhohen Socken wieder an den Start gegangen.
So hat sich das dann entwickelt und wir waren während des Studiums schon felsenfest davon überzeugt, dass wir, sobald wir mit dem Studium fertig sind, unsere Bankkarrieren, bevor wir sie wirklich begonnen haben, wieder an den Nagel hängen können und Vollzeit Socken verkaufen werden.
Mittlerweile mehr als unsichtbare Socken: SNOCKS ist eine etablierte Marke mit breiter Produktauswahl
Manuel: Was war euer Unique Selling Point zu dem Zeitpunkt?
Felix: Wir haben bei uns hinten in der Ferse ein Silikon-Pad, das viel, viel breiter und dicker ist als das bei der Konkurrenz. Die Konkurrenz hat oft so drei dünne Silikonstreifen und dadurch halten die nicht richtig an der Ferse. Wir haben das getestet, ich war mit den Socken 10 km joggen, und die waren trotzdem danach immer noch an der Ferse und die sind nicht runtergerutscht. Du kannst mit den Socken machen, was du willst, die rutschen nicht von der Ferse und du hast nicht dieses blöde Gefühl, wenn du durch die Stadt läufst, dass der Socken mit jedem Schritt ein bisschen weiter nach unten rutscht.
Manuel: Es gibt nichts Schlimmeres! Habt ihr die Socken dann selbst produziert?
Felix: Wie gesagt, am Anfang habe ich mir über Alibaba Produzenten gesucht, und ich weiß nicht mit wie vielen Lieferanten ich geschrieben habe. Wir haben ganz viele Samples kommen lassen, haben uns die Produkte angeguckt und gesehen, das fehlt noch, das passt doch nicht. Es gab unzählige Sample-Runden bis wir dann irgendwann zu einem Produkt kamen, wo wir gesagt haben, „Hey das passt, so können wir das nehmen!“.
Manuel: Ist es immer noch das Gleiche oder seid ihr inzwischen ganz anders aufgestellt
Felix: Im Prinzip ist das immer noch sehr ähnlich. Wir haben jetzt ein paar Unterschiede, z.B. ist jetzt vorne die Zehe ist verstärkt, dass nicht so schnell Löcher reinkommen durch den Abrieb zwischen Zeh und Schuh. Die ganzen Waren, die jetzt im Frühjahr 2020 bei uns ankommen, sind alle aus Bio-Baumwolle, alle GOTS-zertifiziert, also haben wir auf jeden Fall einen Schritt nach vorne gemacht und was verändert. Aber das Grundprodukt ist ähnlich. Das ist wie mit den Autos. Jedes Jahr gibt es ein Facelifting und die Scheinwerfer sind ein bisschen anders. So ähnlich ist es bei diesen Socken auch.
Die 3 Gebote auf Amazon und die eigene Shop-Lösung
Manuel: Aber habt ihr schon so eine Menge, dass ihr jetzt eine eigene Produktion aufbauen könnt? Oder ist das finanziell nicht machbar?
Felix: Das ist ein Thema, mit dem wir uns eigentlich noch gar nicht so beschäftigen, weil wir gar nicht das Know-how haben, eine Textilproduktion aufzuziehen. Wir haben mit deutschen Lieferanten gesprochen, das war preislich absolut jenseits davon, was irgendwie möglich ist.
Wir haben am Anfang wirklich nur auf Amazon verkauft und Amazon ist ein sehr preissensibler Markt. Da ist das Wichtigste erstmal, dass du Klicks auf dein Listing bekommst. Die Klicks kannst du durch drei Sachen stimulieren, dass ist erst einmal das Produktbild. Aber jeder Seller hat da dieselben Vorschriften. Es muss ein weißer Hintergrund sein, man darf nur das Produkt sehen. Da kann man sich gar nicht so abheben. Der zweite Punkt sind die Bewertungen. Da kann man gucken, dass man einen guten Schnitt und viele Bewertungen hat. Der dritte und entscheidende Punkt ist der Preis. Die Kunden klicken kein Produkt an, das irgendwie 10 Euro teurer ist als die anderen. Deshalb konnten wir es uns auch nicht leisten, die Produktion nach Deutschland zu holen.
Was wir mittlerweile machen, dass wir viel in der Türkei produzieren lassen und wir haben auch schon ein paar Sachen mit Portugal ins Auge gefasst. Das kommt jetzt mehr und mehr ins Spiel, weil wir mittlerweile 50 Prozent vom Umsatz über unseren eigenen Shop machen und da auch mal Sachen verkaufen können wie Hoodies oder T-Shirts. Die haben wir nur im Shop, die sind nicht so preissensibel in unserem Shop wie auf Amazon. Und da können wir dann auch ganz andere Sachen machen, mit der Produktion.
SNOCKS setzt neben dem eigenen Shopify-Store auch auf Amazon
Manuel: Magst du mal beschreiben wie dieser Übergang ging, von Amazon zu Shopify?
Felix: Der erste eigene Onlineshop ging 2017 im August online, also wirklich ein Jahr nachdem wir am Markt waren. Das haben wir mit einer Agentur zusammen über Magento gemacht. Im Nachhinein kann man sagen, dass das eine unserer größten Fehlentscheidung war, denn der hat nicht funktioniert. Wenn irgendwas nicht funktioniert hat, mussten wir denen immer schreiben, dass was angepasst werden muss, und das hat einfach so lange gedauert. Dann haben wir Facebook-Ads geschaltet, und dann ging ein Zahlungsanbieter wieder nicht und wir haben uns gewundert, warum die ganzen Leute abspringen. Bis die das gefixt hatten, haben wir die Facebook-Ads ausschalten müssen. Das war ein sehr zäher Prozess. Das ging bestimmt ein Jahr lang so mit der Agentur, bis wir dann irgendwann gesagt haben, „Hey das reicht jetzt, wir glauben nicht mehr daran, dass es funktioniert mit euch“. Wir haben das dann gecuttet und sind dazu übergegangen, das selbstständig über Shopify darzustellen. Das machen wir jetzt seit Januar 2019.
Manuel: Seid ihr inzwischen als Marke etabliert und die Leute finden euren Shop direkt?
Felix: Ja, das wird immer mehr so. Das ist super schön zu sehen. Aber Amazon hat bei uns immer noch einen großen Stellenwert. Wir haben immer noch einen großen Anteil vom Umsatz über Amazon. Aber wir merken auch jetzt, in dieser Zeit der Corona-Krise, wie unglaublich wichtig damals die Entscheidung war, den eigenen Shop aufzubauen und unabhängig zu werden. Jetzt ist es zum Beispiel so, dass Amazon wegen der ganzen Corona-Sache das Versenden von einigen Produktkategorien nicht mehr priorisiert und deshalb haben zum Beispiel unsere Produkte, die in der Kategorie Bekleidung fallen, auf einmal Lieferzeiten bei Amazon von vier Wochen. Jetzt überlegt sich natürlich jeder Kunde, ob er sich auf Amazon unsere Socken kaufen möchte und die dann erst vier Wochen später geliefert werden. Im Shop können wir es so darstellen: Wir haben ein eigenes Lager, dort verschicken wir die ganzen Sachen, die gehen in 24h raus, der Kunde hat spätestens nach drei Tagen sein Produkt. Da merken wir jetzt in diesen Tagen, dass unsere Umsätze auf Amazon deutlich einbrechen und in unserem Shop konstant bleiben.
Manuel: Ihr hattet dann den Kredit. Habt ihr da schon abgesehen, was das alles für euch bedeutet, welche Schritte nötig sind? Oder seid ihr da ein bisschen blauäugig rein aufgrund eures Alters?
Felix: Ja, wir waren brutal naiv! Mein Gedanke in der Zeit war einfach, ich habe die Arbeit bei der Bank wirklich überhaupt nicht gemocht. Ich hatte jeden Tag null Bock hinzugehen, und ich hatte dieses Ziel vor Augen - ich war glaube ich im September 2017 fertig mit dem Studium - im Oktober 2017 will ich mir durch SNOCKS so viel Geld auszahlen können, damit ich nicht mehr bei der Bank arbeiten muss. An viel mehr habe ich eigentlich gar nicht gedacht. So sind wir an die Sache rangegangen, wir haben jede freie Minute da reingesteckt und sind oft nach der Arbeit nach Frankfurt gefahren, haben Waren abgeholt, haben abends ganz spät die Versandetiketten auf die Kartons geklebt, sind morgens vor der Arbeit zur Post gefahren und haben die Sachen zur Post geschickt, damit sie zu Amazon kommen.
Manuel: Und hat es dann geklappt, dein Ziel?
Felix: Ja, es hat geklappt, sogar früher schon. Ich habe mich zwei Monate vorher beurlauben lassen von der Bank, weil das Ganze glücklicherweise so weit war, dass ich gesagt hab, ich kann hier aufhören, ich bin nicht mehr auf das Geld von der Bank angewiesen. Johannes war ein Jahr vorher fertig. Er hat noch einen Master angefangen, dann aber nach dem ersten Semester beschlossen abzubrechen und sich schon ein halbes Jahr vor mir Vollzeit in SNOCKS involviert.
Manuel: Was meinst du denn mit, ihr wart so naiv? Woran machst du das fest?
Felix: Das waren solche Sachen wie, wir haben Produkte bestellt, ohne uns vorher zu informieren, wie können wir Sachen nach Deutschland importieren? Wie läuft das Ganze ab? Wie gründen wir eine Firma? Was müssen wir mit einem Steuerberater zu tun haben? Obwohl wir bei der Bank gearbeitet haben, war uns das im ersten Schritt gar nicht so klar. Das war vielleicht auch unser großer Vorteil, wir haben uns um nebensächliche Sachen gar nicht gekümmert. Es ging nur darum, ich habe geguckt, dass wir die Ware rankriegen und Johannes hat geguckt, dass wir die Ware verkaufen. Alles andere haben wir einfach beiseitegelegt.
Manuel: Dann seid ihr aber auch weiter fleißig gewachsen. Wie hat sich die Firma seitdem entwickelt?
Felix: Dann haben wir sehr schnell sehr viele neue Produkte gelauncht, neue Produktvarianten mit dazu genommen, verschiedenen Größen, verschiedene Farben. Haben auch das Thema Brand Building unabhängig von Amazon vorangetrieben - ob das jetzt mit einem Instagram-Account war oder Snapchat oder Facebook-Gruppen oder sonst was. So haben wir das Ganze noch ein Jahr lang zu zweit betrieben und dann kam als erster Vollzeitangestellter mein älterer Bruder dazu, kurz darauf kam sein bester Kumpel und dann kam unsere Cousine mit dazu.
Manuel: Familienbetrieb?
Felix: Genau. Da waren wir dann ein Familienbetrieb, hatten aber noch kein Office, haben immer noch von Cafés aus gearbeitet. Dann hat ein Kumpel von uns ein kleines Office aufgemacht, da haben wir uns als Untermieter mit reingeschmuggelt und erst ein Jahr später unser eigenes Office angemietet. In der Zwischenzeit haben wir immer mehr Produkte gelauncht, auf Amazon andere Marktplätze angeschlossene - UK, Frankreich, Italien, Spanien und auch den eigenen Onlineshop. So sind unsere Umsätze stetig gewachsen. Dann kam der nächste Kredit von der Bank, um nochmal Ware vorfinanzieren zu können. Und so ist das dann schrittweise immer weiter nach oben gegangen.
Du möchtest dein eigenes Modelabel aufbauen? Hier findest hilfreiche Tipps zum Thema Kleidung produzieren lassen.
Fulfillment ist doch keine Raketenwissenschaft – oder?
Manuel: Jetzt seid ihr rund 20 Leute, mit eigenem Lager und eigenem Fulfillment. Das ist schon noch mal ein großer Schritt in der kurzen Zeit.
Felix: Definitiv. Das war eine sehr große Herausforderung, denn das ganze Thema habe ich übernommen und ich hatte davor keine Ahnung von Logistik. Da war auch wieder diese Naivität am Spiel. Wir haben das so gemacht: wir haben den Onlineshop gestartet, haben geguckt, ob wir die Umsätze stark steigern können und hatten immer am Anfang an Amazon angeknüpft. Das heißt, der Kunde hat bei uns bestellt, die Bestellung wurde aber von Amazon verschickt. Das war für uns am Anfang so der Easy-way-to-go. Das war das Einfachste für das Set-up. Dann haben wir irgendwann gemerkt, dass wird jetzt langsam so groß sind, dass es einfach unwirtschaftlich ist, wenn wir das über diesen Multi-Channel-Versand von Amazon abwickeln. Wir müssen wirtschaftlicher werden und den Versand weg von Amazon nehmen. Wir wollen ja unabhängig von Amazon werden. Das heißt, dass da die Verknüpfung zwischen Shopify und Amazon nicht mehr da ist, der Vertriebskanal wirklich komplett eigenständig ist.
Dann standen wir vor der Wahl, machen wir das Fulfillment selbst oder machen wir das mit einem Fulfillment-Partner? Ich habe mir ein paar Partner angeschaut, mich irgendwie mit niemandem so richtig zurechtgefunden und dann auch wieder ganz blauäugig gesagt, „Hey lass es uns einfach selbst machen. Wir haben nicht das Gefühl, dass das eine Raketenwissenschaft ist. Das kriegen wir schon irgendwie hin“.
Es war dann doch ein bisschen komplizierter und wir haben einen Monat länger gebraucht, um das Ganze darzustellen. Du brauchst viel Personal zu bestimmten Zeiten z.B. bei einer Cyber Week. Da sind viele Hürden auf uns zugekommen, die wir vorher gar nicht so gesehen haben. Aber wir konnten das alles eigentlich ohne große Rückschritte meistern.
Manuel: Du nennst es immer Naivität. Aber ist es nicht auch was, was man eigentlich grundsätzlich braucht als Gründer und Gründerin - diesen Mut, es einfach zu machen?
Felix: Da gebe ich dir vollkommen recht. Man braucht irgendwie dieses "Lass einfach mal machen und lass mal nicht so viel drüber nachdenken". Das braucht man, sonst kommt man nicht vom Fleck.
Manuel: Was würdest du dir denn trotzdem selbst sagen oder raten wollen rückblickend?
Felix: Ein schwieriger Step war auf jeden Fall die ersten Mitarbeiter. Johannes und ich hatten selbst auch noch keine Führungserfahrung und uns war gar nicht so bewusst, wie das für jemanden Außenstehenden ist, der neu dazukommt. Der erste Angestellte war wie gesagt mein Bruder, er war vorher in der Hotellerie unterwegs, hat aber mit E-Commerce, Amazon und Shopify gar nichts am Hut gehabt. Da haben wir uns schwergetan, da strukturiert den Leuten irgendwie beizubringen, das sind deine Aufgaben, das musst du machen, das musst du lernen. Das war eine schwierige Zeit und das war ein großes Learning, das wir hatten. Was heißt es, Leute anzuboarden, die einzulernen, damit die tatsächlich Arbeit abnehmen.
Manuel: Was hast du da für Tipps? Wie hast du dir das dann angelernt?
Felix: Es ist viel learning by doing. Was ich gemerkt habe, wenn neue Leute dazukommen, man darf nicht zu hohe Erwartungen haben, man darf sie nicht überfordern, sondern möglichst Step by Step eine Sache beibringen und die Leute nicht von Anfang an mit fünf verschiedenen Aufgabenbereichen bombardieren. Auch dieses Thema Vertrauen aufbauen finde ich super wichtig. Am Anfang stand ich selbst im Lager, hab Regale mit aufgebaut, habe die ersten Pakete verpackt, dass man sich für nichts zu schade ist und nicht den Leuten das Gefühl gibt, wir sitzen hier irgendwo, machen und drohen und sagen den da unten, was zu tun ist. Wir packen immer noch kräftig mit an und sind uns für keine Aufgabe zu schade.
Der Weg ins Offline-Geschäft: Socke meets Café
Manuel: Ihr seid ein E-Commerce-Unternehmen, denkt ihr trotzdem darüber nach, in die lokalen Geschäfte zu kommen, eigene Läden aufzumachen?
Felix: Doch, da denken wir tatsächlich drüber nach. Und zwar wollen wir in Mannheim ein Café eröffnen, die SNOCKS Kaffee und Weinbar. Aus dem Hintergrund, wir haben die ersten zwei, drei Jahre immer nur aus verschiedenen Cafés herausgearbeitet und hatten kein Office. Das hat uns super viel Spaß gemacht. Deshalb haben wir einfach Bock, da was Eigenes aufzumachen. Wir haben einen super Partner, der die letzten Jahre ein Sternerestaurant in Frankfurt geleitet hat. Der wird das mit uns angehen. Da sind wir nur momentan noch in der schwierigen Phase, die richtige Immobilie zu finden. Und jetzt vor allem in der Corona-Zeit steht das erstmal still.
Wir wollen da ein Store-Konzept draus machen. Man soll unsere Produkte tatsächlich auch kaufen können. Wir haben da auch die Überlegung, dass wir da - ähnlich wie beim Sneaker-Game - einen Hype entwickeln wollen oder eine Limitierung, dass wir eben verschiedene Einzelteile wirklich nur in dem Laden haben, nicht online, nicht auf Amazon, nicht über unseren Shop, sondern exklusiv dort.
Manuel: Lass uns noch ein bisschen über Werbung reden. Facebook, Twitter, Instagram wie wichtig ist das, was spielt das für eine Rolle für ein Business wie eures?
Felix: Ich glaube, das war ein großer Punkt, warum wir so schnell wachsen konnten. Weil wir das ganze Thema Werbung sehr aggressiv von Anfang an gespielt haben. Angefangen von PPC-Ads auf Amazon. Wir sind mit dem Mindset reingegangen, wenn wir Neukunden auf Breakeven-Basis einkaufen können, ist das geil. Die können wir von unserem Produkt überzeugen und dann kommen die vielleicht wieder zurück. Das heißt, wir haben nie versucht, mit dem ersten Kauf profitabel zu sein. Selbst in der Anfangszeit, wo wir noch nicht viel Geld übrig hatten, haben wir immer versucht, einigermaßen eine Breakeven-Strategie zu fahren mit unserer Werbung.
Dann, als wir den Shop eröffnet haben, war ganz klar das Thema Facebook- und Instagram-Ads super wichtig für uns. Und auch, da sind wir relativ aggressiv rangegangen und haben schnell das Thema hochskaliert. Da haben wir ein paar Learnings gehabt, dass wir super oft unsere Creatives wechseln mussten. Die laufen vielleicht mal eine Woche, dann kommt das Nächste und ganz viele verschiedene Creatives auf verschiedene Zielgruppen ausgespielt. Das ganze Thema SEO war auch noch ein wichtiger Faktor. Das ist eine sehr langfristige Strategie. Das ist leider so, dass man da keine kurzfristigen Erfolge sieht, wenn man irgendwie ein paar Backlinks reinhaut, wir haben uns da ein paar Seiten tatsächlich zugekauft, ein paar Modeblogs. Aber mittlerweile ist da unser Direct Traffic enorm gestiegen. Was richtig wichtig ist, vor allem für die Profitabilität von so einem Shop, war für uns das Thema E-Mail-Marketing, weil wir uns ja quasi im ersten Schritt über die Social Ads, SEA und SEO die Neukunden eingekauft haben. Die können wir jetzt wieder bespielen über die E-Mails und haben dann bei den zweiten, dritten, vierten Verkäufen die volle Marge.
Das SNOCKS-Team lebt den D2C-Spirit
Die wichtigste Marketing-Maßnahme: Gesicht zeigen!
Manuel: Euer Shop ist sehr persönlich. Man merkt richtig, wer jetzt gerade meine Socken verpackt hat. War das so ein Ansatz von euch?
Felix: Das war ein Plan, den wir von Anfang an verfolgt haben. Am Anfang dachten wir, es ist super schwierig, ein Produkt zu verkaufen, das du nicht siehst, weil unser erstes Produkt ja beim Tragen nicht gesehen wurde. Wir haben, als wir mit dem Instagram-Account angefangen haben, viele Fotos gemacht und dann hat man ja irgendwie nur Schuhe gesehen. Aber eigentlich nicht unser Produkt, und da haben wir uns dann immer gefragt, wie schaffen wir das? Wie können wir das machen, dass Leute das Produkt irgendwie cool finden. Dann haben wir gedacht, vielleicht müssen die Leute gar nicht das Produkt cool finden, sondern die Leute, die dahinterstehen. Somit haben wir von Anfang an versucht, unsere Kunden auf einer emotionalen Schiene an uns zu binden.
Deshalb ist es so, dass jedes Päckchen eine Karte mit drin hat, wo ein Bild von dem Lagermitarbeiter drauf ist, der das verpackt hat. Genauso, wenn du mit uns in den Service trittst, da weißt du ganz genau, mit wem du grad chattest oder telefonierst. Wenn du um Rückruf bittest, kriegst du sogar eine Mail in der steht, „die Kristin ruft dich im Laufe des Tages zurück“. Genauso auf Instagram in den Stories. Das ist mittlerweile mehr wie eine Real-Life-Show, weil wir da einfach immer zeigen, was bei uns im Alltag abgeht. Ob es im Büro ist oder jetzt bei uns in der SNOCKS-WG. Da zeigen wir einfach ganz viel uns, was wir so machen und versuchen, die Leute einfach mit auf die Reise zu nehmen.
Marketingtechnisch haben wir ein paar Tests gefahren und die Leute gefragt, warum sie denn bei uns einkaufen. An vierter Stelle waren erst irgendwelche produktespezifischen Sachen. An erster Stelle war das Thema "Ich möchte ein junges Start-up unterstützen aus der Region." Wir haben im Amazon-Listing als zweites Bild nach dem Produkttitelbild ein Teamfoto von uns drin, wo wir uns zeigen. Daraufhin ist auch unser Conversionrate auf Amazon gestiegen.
Manuel: Interessant! Was sind eure Visionen für die Zukunft? Habt ihr darüber schon mal Gedanken gemacht, wo die Reise hingeht?
Felix: Definitiv. Wir sind jetzt bald vier Jahre am Markt. Ich glaube, da ist man dann langsam aus dieser ganz frühen Phase raus. Deshalb wird es jetzt neue Projekte geben, damit wir trotzdem irgendwie noch diesen emotionalen Kontakt zu unseren Kunden beibehalten können. Deshalb zum Beispiel auch das Café, dass die Leute uns offline erleben können. Das wird auch definitiv so sein, dass Johannes und ich dann einen Tag in der Woche hinter der Theke stehen und Kaffee machen.
Weil wir jetzt ein bisschen größer sind, finanziell mehr Spielraum haben, ein geniales Büro hier haben, machen wir so Sachen, dass wir zum Beispiel über E-Mail Kunden aus Mannheim anschreiben und die fragen, „Hey habt ihr Bock, am Freitag verwandeln wir unser Büro in ein Restaurant.“ Das haben wir das letzte Mal im November gemacht. Ich habe Tische, Stühle, Gläser, Besteck organisiert und dann haben wir for free für unsere Kunden ein Drei-Gänge-Menü gekocht, denen Wein ausgeschenkt und daraus wird einfach eine richtig fette Party. Solche Sachen versuchen wir jetzt einfach im größeren Stil.
Wir sind auch gerade dabei, das Thema YouTube nochmal anzugehen, mit dem Thema, wir sind ein junges Start-up, wir haben es geschafft, die Gründerphase zu überstehen. Zum Beispiel geht es darum, dass alle Leute, die bei uns anfangen, uns eine Bucket-List schreiben müssen. Also fünf Sachen, die sie in nächster Zeit erreichen oder erleben wollen. In dem YouTube-Channel, den wir jetzt grad starten, geht es zum Beispiel darum, wie wir uns gegenseitig unsere Sachen auf der Bucket List erfüllen können. Da wollen wir unsere Kunden wieder mit auf die Reise nehmen.
Manuel: Man merkt, euch gehen die Ideen nicht aus. Und wer weiß, vielleicht entstehen ja dann auch wieder neue Business Cases und neues kreatives Potenzial.
Felix: Ja ich bin super gespannt, wie es kommt!
Manuel: Muss ja nicht die letzten Firma gewesen sein.
Felix: Das stimmt!
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